Das Paradox: Weniger ist mehr

Vom Dichter zum Verdichter – denn die Essenz wirkt am besten

Wo es früher nur »kalten Kaffee« gab, bestellt man heute einen Caramel Light Frappuccino® blended beverage. Der sogenannte Fortschritt macht das Leben immer komplizierter. Je komplexer die Welt, desto stärker muss der Werbetexter sie vereinfachen. Er ist heute mehr Verdichter als Dichter. Denn schon aus der Heilkunst wissen wir: Die Essenz wirkt oft am besten.

Die Reduktion ist eine hohe Kunst. Pablo Picasso beweist uns dies meisterhaft in seiner berühmten Tuschezeichnung Don Quichotte, die er 1955 malte. Ebenso sparsam bringen Karrikaturisten das Einmalige eines Gesichts zu Papier. In dem unten gezeigten Bild zeigt uns der Künstler Oswald Schöttelkar wie man durch zusätzliche Vereinfachung einen Schwerpunkt setzt.

»Hermann Hesses Baumhaus« von Oswald Schöttelkar (zur Anzeige des ganzen Bildes anklicken)
Reduktion schafft Klarheit: Ausschnitt aus dem Bild Hermann Hesses Baumhaus von Oswald Schöttelkar (danke an den Künstler für sein Geschenk vom 4.6.2008).

Werbetexter, die ihr Handwerk verstehen, arbeiten genauso. Sie legen nicht nur jedes Wort, sondern sogar jeden Buchstaben auf die Goldwaage. Vom Entwurf bis zum Druck wird die Textmenge oft auf ein Zehntausendstel reduziert. Was am Ende übrig bleibt, ist die Essenz der Botschaft. Worte, die tatsächlich wirken.

An Buchstaben zu sparen, ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Bitte Lesen Sie, wie der Profi die Lesbarkeit seines Textes misst.

Grund Nr. 5

Schreiben ist leicht - man muss nur die falschen Wörter weglassen.
Mark Twain

Beim Feilen fallen Spähne

Gute Texter überarbeiten einen Entwurf in mehreren Durchgängen. Meist wird der Text dadurch immer kürzer.

Redigierte Manuskriptseite
Tuning am Text bis in die Zielgerade. Ver­glei­chen Sie ihn doch mal mit der fertigen Web­sei­te.
Drei Viertel meiner ganzen literarischen Tätigkeit ist überhaupt Korrigieren und Feilen gewesen. Und vielleicht ist drei Viertel noch zu wenig gesagt.
Theodor Fontane